Die Ukraine hat im November die Befreiung Chersons gefeiert. Doch die Stadt ist immer noch im Würgegriff der Russen, die sie vom anderen Dniproufer aus beschießen. Immer mehr Menschen fliehen. Wer noch dort ist, berichtet von russischen Kriegsverbrechen – und betet.
Cherson.Während Viktoria Samlina in der südukrainischen Stadt ihre Geschichte aus dem Folterkeller erzählt, ist im Hintergrund das Grollen der russischen Artillerie zu hören. Am anderen Flussufer des Dnipro stehen die russischen Besatzer, von dort aus beschießen sie Cherson tagein, tagaus. Samlina steht vor dem unscheinbaren Bürogebäude, in dem ausweislich der Werbeschilder einst Versicherungen und Makler gesessen haben – und in dessen Keller sie im September und Oktober nach ihrer Darstellung 24 Tage festgehalten wurde. Sie sei von ihren russischen Peinigern in dieser Zeit bei insgesamt vier Verhören geschlagen und mit Stromschlägen gefoltert worden, sagt die 37-Jährige. „Bei jedem Verhör erfanden sie neue Geschichten, um mich zu bestrafen.“