„Die Abwerbeversuche haben extrem zugenommen“

Was tun, wenn der Headhunter anruft?

Eine Person hält einen Zettel mit der Aufschrift «Job gefällig?».

Das Geschäft der Vermittler boomt: In Deutschland sind rund 7500 Headhunter tätig.

Hannover. Das erste Telefonat mit einem Headhunter dauert oft nur einen Moment: Headhunter rufen ihre Zielpersonen häufig im Büro während der gewöhnlichen Arbeitszeit an. „Dieser Erstkontakt ist nicht unproblematisch, auch wenn es sich oftmals nur um ein kurzes Gespräch handelt, um ein Kennenlernen fernab des Arbeitsplatzes zu vereinbaren“, sagt Tobias Werner, Fachanwalt für Arbeitsrecht. „Vor allem, wenn private Telefonate während der Arbeitszeit nicht erlaubt sind. Ohne Einschränkung zulässig sind Telefonate außerhalb der Arbeitszeit.“

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Geeignetes Personal dringend gesucht

„Anrufe von Headhuntern sind keine Seltenheit“, weiß Recruitingexperte Henrik Zaborowski. „Auch die Abwerbeversuche über die sozialen Medien wie Xing oder Linkedin haben extrem zugenommen.“ Immer mehr Unternehmen suchten verzweifelt nach geeignetem Personal – in fast jeder Branche. Darum holten sich viele Personalabteilungen externe Hilfe, sagt der Karrierecoach.

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„Der Markt ist derzeit überschwemmt von Dienstleistern, die auf der Suche sind“, sagt Zaborowski, der zwischen den klassischen Headhuntern unterscheidet, die für Positionen im gehobenen Segment beauftragt werden, und den Recruitern, die sich um gewöhnliche Fachkräfte sowie Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger bemühen. Das spiele sich vor allem im Netz ab: „Schließlich bekommt man den Produktionsarbeiter nicht so leicht ans Telefon.“

7500 Headhunter im Einsatz

Das Geschäft der Vermittler boomt: Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) sind in Deutschland rund 7500 Headhunter tätig. Darunter sind Einpersonenbetriebe, aber auch große Unternehmen. Zu den bekanntesten Namen zählen Kienbaum, Egon Zehnder, Spencer Stuart, Russell Reynolds, Korn Ferry, Odgers Berndtson sowie Heidrick & Struggles.

Wie aber sollte man reagieren, wenn der Headhunter anruft? „Erst einmal anhören, was er zu sagen hat. Vielleicht ergibt sich ja ein interessanter Wechsel“, rät Coach Zaborowski. „In der Regel wird alles Wichtige bei einem weiteren Telefontermin besprochen, der vereinbart wird.“ Bis dahin sollte man sich gut überlegen, wo die eigenen Prioritäten liegen – Gehalt, Perspektiven, Team, Standort beispielsweise. Selbst wer kein unmittelbares Interesse an einem Wechsel hat, könne bei einem Gespräch einiges über seinen Marktwert erfahren.

Seriöse Dienstleister geben Auskunft

„Doch Vorsicht: In der Branche sind auch einige schwarze Schafe unterwegs“, warnt der Karriereberater. „Ob ein Personalberater seriös ist, erkennt man daran, ob er die entscheidenden Fragen beantworten kann: Um welches Unternehmen handelt es sich? Warum ist die Stelle zu vergeben? Was sind meine Aufgaben? Was verdiene ich? Wie groß ist das Team?“

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Dienstleister, die dazu keine Auskunft geben könnten, hätten in der Regel keinen Auftrag, sondern suchten auf eigene Faust nach Personal, erklärt Zaborowski. Ein Sonderfall kann allerdings die Frage nach dem Unternehmen sein: „Die wird auch von seriösen Dienstleistern nicht beantwortet, wenn die Stelle noch besetzt ist, aber schon diskret nach einer Nachfolge gesucht wird.“

Ähnliche Kriterien könne man bei Abwerbeversuchen in den sozialen Medien anwenden. „Das Risiko, dass es sich hier um fragwürdige Recruiter handelt, ist höher. Oft werden einfach Massen-E‑Mails verschickt. Das zeigt sich dann aber schnell bei den ersten Nachfragen.“

Personalberater mit Netzwerk

Lohnt es sich, einen Headhunter in Eigeninitiative kontaktieren? Coach Zaborowski schätzt das als nicht erfolgversprechend ein. „Sinnvoller ist es, sich an spezielle Personalberater der Branche zu wenden. Die haben das entsprechende Netzwerk.“

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Sollte man den Anruf vom Headhunter geheim halten? „Wenn ich mich eigentlich wohlfühle im Unternehmen, aber eine Gehaltserhöhung schon eine Weile her ist oder die eine gewünschte Weiterbildung bisher nicht genehmigt wurde, dann kann man beim Chef ja ruhig mal nebenbei fallen lassen, dass man schon wieder von einem Headhunter kontaktiert wurde.“ Zaborowski rät aber auch, das Argument nicht überzustrapazieren. „Wer ohne solide Basis in Form eines konkreten neuen Jobangebots zockt, kann auch mal auf die Nase fallen.“

Kündigungsfristen beachten

Wer das neue Jobangebot annehmen möchte, sollte arbeitsrechtlich einiges bedenken: „Zum einen müssen wechselwillige Beschäftigte die Kündigungsfristen beachten“, sagt Tobias Werner, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Das heißt: „Auch, wenn sie vom Chef vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses freigestellt werden, dürfen sie noch nicht für das Konkurrenz­unternehmen arbeiten“, erklärt der Experte.

Der Blick in den Arbeitsvertrag lohnt sich also. „In manchen Fällen gibt es sogar ein sogenanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot – eine fixierte Vereinbarung, die einen Wechsel zur Konkurrenz auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beschränken kann.“ Das könne einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren umfassen, setzt aber zugleich die monatliche Zahlung einer Entschädigungs­zahlung durch den Altarbeitgeber voraus.

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